Es ist nicht in Norwegen, sondern in Montenegro Kotor, der sonnige Fjord
Die montenegrinische Küste scheint mit einer Feder gezeichnet zu sein, als ob die Natur mit Zeichendreieck und Winkelmaß gehandelt hätte. Und doch durchbricht die Adria plötzlich die Logik und schleicht sich spielerisch durch die Dinarischen Alpen, um extrem schöne und kontrastreiche Landschaften zu zeichnen, in denen der Abstand zwischen Himmel und Wasser in Gipfeln gemessen wird. Ein einzigartiger Fjord im Mittelmeerraum, wo der Mensch geschmackvoll eingegriffen und Dörfer, Städte und Klöster geschaffen hat, die von den Hängen erdrückt werden und wo sich einige der exklusivsten Hotels Europas befinden. Nicht umsonst wurde diese natur- und kulturgeschichtliche Verschmelzung von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt. Dies ist Kotor, das ultimative Balkanparadies.
Die charmanten Städte, die an den Biegungen der Bucht liegen, haben eines gemeinsam: ihre venezianische Ästhetik. Nicht umsonst nutzte die Seemacht diese orographische Anomalie als Werft- und Marinestützpunkt und befestigte die Orte von oben nach unten. Deshalb ist es ganz verständlich, dass die Paläste, Gassen und Festungen der Hauptstadt Kotor mit denen von Dubrovnik verwechselt werden, zumindest in dieser chromatischen Kombination aus orangefarbenen Dächern, ockerfarbenen Steinen und türkisfarbenem Wasser. Hier herrschen weiterhin die weißen Steinbasteien, die epischen Mauern, vor, die auf der Suche nach einem perfekten Foto für Instagram einen unvergleichlichen Blick auf den Ort und die Paläste, die heute die köstlichsten Restaurants in Kotor beherbergen, bieten.
In Kotor führt der Weg des Reisenden früher oder später zur Kathedrale San Trifón, einem antiken romanischen Tempel (aus dem 9. Jahrhundert), der seine Türme nach und nach erweitert hat, um seine Macht zur Schau zu stellen. Es ist sehr schwierig, nicht ein paar lange Minuten zu verweilen, um sich von seiner Pracht überwältigen zu lassen. Die Strecke führt jedoch weiter durch andere herausragende Gebäude, wie die modernere und kältere orthodoxe Kathedrale, die Kirche von Nuestros Remedios oder das Maritime Museum, ein informativer Ort in einem alten Palazzo, der die Bedeutung des Fjords für die Marine in verschiedenen Epochen hervorhebt.
Der venezianische Ruhm wird nicht nur im großen Ausmaß angeboten. Das beste Beispiel dafür ist Perast, ein bezauberndes kleines Dorf in Montengero, in dem seine 350 Einwohner zwischen barocken Villen und spitzen Kirchen leben. Der Hauptgrund für diese hohe Dichte an Kulturgut liegt in seinem Grenzcharakter, da das venezianische Reich im 17. und 18. Jahrhundert seine Macht ausweiten wollte und deswegen die Bürger adlig machte. Somit wurde eine neue soziale Klasse, namens Casadas, geschaffen. Aus diesem Grund stehen die Paläste der Familien Sestokrilovic, Bujovic (die ein lokales Museum beherbergen) oder Balovic den Gebäuden Norditaliens in nichts nach. Aber ihr Symbol ist die St. Nikolauskirche, eine maßstabsgetreue und unfertige Kathedrale von San Marcos, deren Glockenturm zwischen den orangefarbenen Dächern hervorsticht. So viele Denkmäler machen diese kleine Stadt stolz. Und wenn sie nicht mit ihrem Erbe verzaubert, so doch mit ihren Blumen, ihrem Flussufer und ihren Gassen, die wie ein weiteres Bühnenbild von ‚Game of Thrones‘ aussehen.
Das monumentalste Bauwerk ist der Palast Smekja, an der Küste der Kleinstadt, wo sich aktuell das Hotel Iberostar Heritage Grand Perast befindet. Der Palast besteht aus zwei Teilen: Der ältere, dessen Bau im Jahre 1764 begann, ist zwischen der Küstenstraße und der alten Bundesstraße gelegen. Der neuere Teil wurde zeitgleich gebaut, wurde allerdings nicht bis zu den 30-er Jahren des XX. Jahrhunderts fertiggestellt.
Der Palast Smekja ist der größte des friedlichen Dorfes Perast. Der Bau begann 1764, wobei nur exklusive Quadersteine aus dem begehrtesten Steinbruch des gesamten venezianischen Reiches verwendet wurden: die Rede ist von der Insel Korčula. Es gibt ein Erdgeschoss, zwei obere Bereiche und einen Aussichtspunkt. In der ersten Etage gibt es eine große Terrasse, die die ganze Fassade entlangführt. Im zweiten und dritten Stock befinden sich mehrere Balkone mit Balustraden. Im Palasteingang werden die Besucher von heraldischen Abzeichen der Familie Smekja empfangen, Eigentümer und Förderer des Bauwerks: Eine Hand, die den Stiel einer Pflanze ("čičimak") mit Sternen hält. Der neuere Teil des Palastes wurde 1936 fertiggestellt. Als Modelvorlage wurden das bereits vorhandene Erdgeschoss und das erste Stockwerk genutzt, wobei man den gleichen Stil mit dem gleichen Material fortsetzen wollte.
Als ob es sich nicht damit zufrieden geben würde, die Küste zu verschönern, schenkte Perast mit zwei spektakulären Inseln auch dem Wasser venezianische Juwelen. Die erste ist die Insel Nuestra Señora de las Rocas, eine künstliche Insel mit einer wunderschönen Kirche, die zu einem der attraktivsten Ausflugsziele in dieser Ecke der Bucht geworden ist. Die andere, Insel San Jorge, beheimatet das gleichnamige Kloster, das nicht besichtigt werden kann, dessen Erscheinung aus dem Wasser aber hypnotisch ist. An ihren improvisierten Kais anzulegen oder einfach ihr Umland auf dem sehr blauen Wasser zu umfahren – das macht die kurze Überfahrt zu einem traumhaften Sommer.
Tivat ist derzeit die Hauptstadt dieser Landschaft. Nicht umsonst ist ihr Yachthafen der wichtigste hier (Porto Montenegro genannt) und an ihrer Stadtgrenze befindet sich der einzige Flughafen der Bucht. Es lohnt sich, sich in ihren Kais zu verlieren, sich von den Yachten, die hier anlegen, überraschen zu lassen und die spektakulären Gebäude zu bewundern, die die Küste begleiten und ihr den Spitznamen Monaco von Montenegro eingebracht haben. Und zwar strahlt jede Ecke die Raffinesse und Ruhe aus, die man braucht, um einen Nachmittag wie Grace Kelly zu verbringen... aber ohne Paparazzi.
Herceg Novi liegt sehr nahe an der Adria und hat eine gewisse tropische Seele, die sehr gut zu den ästhetischen Eigenschaften dieser Bucht passt. Wie in den anderen Städten von Montenegro werden auch hier Erholung und Entspannung mit kulturellen Spaziergängen kombiniert, die tief in die Stadt hineinführen. Es ist sehr schwierig, dem Charme des Klosters Savina zu widerstehen, eine ökumenische Gruppe von drei Kirchen, deren Fresken und Ikonenwände beeindrucken. Sehenswert sind auch die marmornen Gassen wie Stari Grad, die Bastion Forte Mare oder die Festung Kanli-Kula, die in den sonnigsten Monaten zur Freilichtbühne wird. Sprich in fast allen.
Obwohl man sich bereits an der Adriaküste befindet, ist der Besuch der Blauen Grotte einer der spektakulärsten und nächstgelegenen Ausflüge, die von der Mündung von Kotor aus unternommen werden können. Es handelt sich um eine orographische Kuriosität in Form einer Meereshöhle, die auf viele verschiedene Arten durchquert werden kann: schwimmend, mit dem Boot, dem Kajak oder sogar schnorchelnd. Das Spiel von Licht, Farben und Formen macht diesen Ort zu einem authentischen Kaleidoskop blauer Farben. Deshalb kann man es auch sehr gut mit Capri vergleichen, obwohl es hier weniger Lärm und viel mehr Natur gibt.
Sich die Stiefel zu schnüren und die Berge zu besteigen, die diesen Fjord dominieren, garantieren zwei Dinge: einzigartige Aussichten und einen sehr angenehmen Tag des aktiven Tourismus. Außerdem sollte man nicht die unzähligen Möglichkeiten zum Entspannen vergessen, die einen später in Ihrem Hotel in Perast erwarten. Wenn man die Stadtmauern und das Schloss erreicht und schließlich weiter dem Wanderweg nach oben bis zum Lovcen Nationalpark folgt, kann man den perfekten Panoramablick genießen. Dieser Park strahlt nur so vor Symbolik hat, da er das Mausoleum des Dichters und Gesetzgebers Pedro II. von Montenegro, einem der großen Denker des Landes, beherbergt. Eine Expedition, die auf fantastische Weise die spektakuläre Natur und die atemberaubende Kultur zusammenbringt.
Risan
Obwohl es nicht über die Einheitlichkeit und den venezianischen Kern wie die übrigen Städte verfügt, kann sich Risan damit rühmen, die erste bewohnte Enklave an den Ufern der Bucht zu sein. Daher sind seine wichtigsten Sehenswürdigkeiten archäologischer Natur, wie die prähistorische Fundstätte von Lipci aus der Bronzezeit oder die römischen Mosaiken, die aus einer antiken Villa geborgen wurden. Zusätzlich zu diesen Funden runden ein Spaziergang in der Gabela Straße und ein Besuch der orthodoxen Kirchen St. Peter und Paul und Erzengel Michael einen Ausflug à la Indiana Jones ab.